Annabelle läuft von der Bodenmatte und springt glücklich in die Arme ihres jubelnden Vaters, der zugleich ihr Trainer ist. Gerade hat sie ihre letzte Übung des heutigen Wettkampfes absolviert. Jeder Schritt, jeder Sprung saß, wie sie es geübt hat. Am Ende hob sie den Kopf lächelnd im Querspagat, den sie besonders gut kann. Annabelle Tschech-Löffler ist gemeinsam mit Margarita Kolosov und Lukas Dauser Botschafterin des Turnfestes in Leipzig. Heute hat sie ihren ersten Wettkampftag in Leipzig erfolgreich bestritten.
Die 15-jährige Annabelle startet im Pokalwettkampf der Special Olympics – einer Wettkampfklasse für Menschen mit geistiger Beeinträchtigung. Ihr Wettkampf in Leipzig ist international besetzt. Heute ging es noch nicht um das Gewinnen, sondern um die Einordnung der Leistungsgruppen, die morgen gegeneinander antreten.
Sie turnt mit Herz und Entschlossenheit
„Wir wollen immer gewinnen, oder?“, fragt Vater und Trainer Markus Tschech-Löffler seine Tochter. Sie nickt: „Jaaa“, stimmt sie zu und strahlt. Der Papa lächelt zurück und ergänzt: „Eigentlich geht es hier darum, Spaß am Turnen zu haben, die Übungsreihe zu erinnern und abzurufen und sich über das Gelingen jedes einzelnen Übungsteils zu freuen.“ Den Turnerinnen verlangt es neben der körperlichen Herausforderung des Turnens zusätzlich viel Konzentration und Anstrengung ab. „Das Turnen ist auch eine sehr gute Übung für die kognitiven Fähigkeiten“, erläutert Annabelles Mutter. Neben den Geräten stehen Trainerinnen und Trainer, die Hilfestellung geben, indem sie die Übungsteile vormachen. Annabelle braucht das nicht – denn sie hat sehr viel trainiert, zu Hause in ihrem Verein, dem SV Regis-Breitingen, in der Turnabteilung.
Stufenbarren geht immer
Heute hat Annabelle besonders die Barrenübung gefallen, sie hat sie wie immer geturnt. Trotzdem lag ihre Wertung deutlich unter denen, die sie bei früheren Wettkämpfen für die gleiche Übung erhalten hatte. „Das Kampfgericht hat heute wohl einen Maßstab angelegt, den wir so noch nicht kannten,“ meint Markus Tschech-Löffler. Annabelle ist trotzdem zufrieden – der Stufenbarren ist ihr Lieblingsgerät. An diesem Gerät gewann sie als jüngste Teilnehmerin der Special Olympics World Games 2023 sogar die Bronzemedaille. Auf ihre Balkenübung ist sie heute ebenfalls stolz, denn sie ist kein einziges Mal heruntergefallen.
Turnfamilie inklusiv
Annabelle ist Teil einer richtigen Turnfamilie – nicht nur gemeinsam mit ihren Eltern und den drei Geschwistern, sondern auch in der internationalen Turnwelt. In ihrer Wettkampfklasse gibt es ein enges, staatenübergreifendes Netzwerk. Man kennt sich, tauscht sich aus und lädt sich gegenseitig zu Wettkämpfen ein. Annabelle turnte schon in Italien, England, Norwegen und in den USA – und hat dort auch für die Teilnahme am Turnfest geworben.
Papa Markus ist stolz auf Annabelle. Er wünscht sich für sie und ihre Mitwettkämpferinnen, dass das Turnen der Special Olympics noch viel enger mit dem Verbandssport des DTB zusammenwächst. Wettkämpfe, bei denen Turnerinnen mit und ohne Behinderung gemeinsam starten, kennt er bereits aus Amerika. „Es gehört doch alles zusammen.“ Am heutigen Nachmittag und Abend ist das beim Turnfest schon einmal Realität: Annabelle tritt heute gemeinsam mit einer internationalen Inklusionsgruppe bei den beiden Vorstellungen der Internationalen Gala auf. Ihre Familie ist auch dabei. „Das ist das mit dem Kostüm“, erklärt Annabelle. Und darum muss sie nun nach dem Wettkampf gleich pünktlich los, um sich auf den nächsten großen Auftritt vorzubereiten.