Eine emotionale Stunde mitten im Turnfest-Trubel fand am späten Samstagnachmittag im Paulinum der Leipziger Universität statt. Zur Verleihung der Flatow-Medaille begrüßte DTB-Präsident Dr. Alfons Hölzl hochrangige Politiker und Sportfunktionäre, DTB-Ehrenpräsident Rainer Brechtken, internationale Gäste sowie die Hauptpersonen an diesem ausgezeichneten Tag: Die Preisträgerinnen und Preisträger der Flatow-Medaille. Diese wurde 1987 erstmals vergeben. Sie erinnert an die jüdischen Turn-Olympioniken Alfred Flatow und Gustav Felix Flatow, die 1933 zum Austritt aus ihren Vereinen gezwungen wurden und im Konzentrationslager Theresienstadt eines gewaltsamen Todes starben. Alfons Hölzl betonte: „Wir wachsen aus der Historie. Ohne Rückbesinnung ist die Gegenwart nicht zu verstehen.“
Die Geehrten, allesamt in der Weltklasse zuhause, zeichnen sich durch ihre Vorbildfunktion aus. Alfons Hölzl nannte die Faustballerin Stephanie Thomas, die Rhythmischen Sportgymnastinnen Darja Varfolomeev und Margarita Kolosov sowie die Turner Lukas Dauser und Andreas Toba. Letzterer war zu dieser Zeit noch am Reck im EM-Finale in der Messehalle 1 aktiv. Die Frage ins Paulinum-Publikum nach dem Ergebnis wurde wie folgt beantwortet: „Silber“. Der DTB-Chef darauf: „Wahnsinn. Das kann man als Entschuldigung gelten lassen.“ Beifall.
Hölzl schlug auch den Bogen von der EM zur Preisverleihung und begrüßte den Präsidenten des israelischen Turnverbandes sowie die Leiterin des Turnteams. Der DTB hatte die europäischen Titelkämpfe kurzfristig von Tel Aviv aufgrund der dortigen politischen Lage übernommen. Die Ausrichtung der EM im Rahmen des Turnfestes wäre ohne die finanzielle Hilfe von Bund, Land und Stadt nicht möglich gewesen. Der Dank richtete sich an die im Auditorium sitzenden Dr. Christiane Schenderlein (CDU), Staatsministerin für Sport und Ehrenamt, Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) und Leipzigs Sportbürgermeister Heiko Rosenthal (Die Linke).
Den musikalischen Auftakt übernahm das Klezmer-Ensemble von der Musikhochschule „Johann Sebastian Bach“ mit jüdisch folkloristischer Musik. Später spielten sie noch Mazel-Tov (viel Glück) und Sholem Sol Seyn – Frieden soll sein. Mit einem sehr persönlichen Text berührte die junge Mutter und Poetry-Slammerin Josephine von Blüten Staub die Herzen der Gäste. Eine künstlerische Augenweide waren die Rhythmischen Sportgymnastinnen vom SKC Tabea Halle 2000 e.V. Daniele Huber (23) sagte stellvertretend für ihre Show-Mädchen: „Es ist eine große Ehre für uns, vor Darja aufzutreten.“ Die Olympiasiegerin von Paris applaudierte besonders laut.
In ihrer Festrede fand sie erinnernde und mahnende Worte zum Schicksal von Alfred Flatow und dessen Cousin Gustav Felix Flatow. Mit der Medaille sei auch ganz ausdrücklich die Würdigung des Ehrenamtes und der Gemeinschaft verbunden. Beim Turnfest wäre das in beeindruckender Weise zu sehen. „Werte fallen nicht vom Himmel. Sie werden in den Sportvereinen gelebt.“ Die Helferinnen und Helfer leisten einen hervorragenden Beitrag bei Kindern und Jugendlichen, um Fairness und Teamgeist zu lernen.