Inklusion und Trendsportarten
Sport entwickelt sich, es kommen neue Sportarten hinzu oder es werden bestehende durch neue Strömungen ergänzt. Neben Parkour und Calisthenics oder auch Skaten, gibt es viele beliebte Individualsportarten, die trotz oder gerade wegen ihres individuellen Charakters eine große Community geworden sind und genau hier liegt auch ein großes Potenzial für inklusive Begegnungsmöglichkeiten.
Für Menschen mit Behinderung gibt es nicht ausreichend Angebote zur sportlichen Betätigung und andererseits, gibt es oft nicht genug Menschen mit Behinderung, um eine Sportgruppe zu füllen. Aber lasst die Katze da nicht ihren Schwanz anknabbern, sondern lasst uns an inklusiveren Angeboten arbeiten. Natürlich geht das bei manchen Sportarten einfacher als bei anderen, Sportarten deren inklusives Potenzial häufig unterschätzt werden sind beispielsweise:
Parkour
Sportarten, die auf den ersten Blick so gar nicht erkennen lassen, dass sie für Menschen mit Behinderung interessant sein könnten, bieten ein noch verstecktes Potential, dem man sich nicht verwehren sollte. Vor nicht allzu langer Zeit dachte auch keiner darüber nach, ob man als Rollstuhlfahrer*in in den Skatepark kann. Und bis aus begeisterten Rollstuhl Calisthenics Athlet*innen auch Parkour Sportler*innen werden, kann doch eigentlich nur eine Frage der Zeit sein. Außerdem gilt es zu bedenken, dass nicht alle Menschen mit Behinderung einen Rollstuhl haben. Es gibt auch Menschen, die nicht sehen, nicht hören können oder andere Einschränkungen haben. Auch diese gilt es abzuholen und Bewegungsmöglichkeiten zu bieten.
Calisthenics
Sport im Freien, ohne regelmäßige Kosten, seinen Körper fit machen und dabei gemeinsam mit anderen Menschen zusammen sein. Das ist auch durchaus interessant für Menschen mit Behinderung. Wie auch beim Parkour oder Skaten hat man hier viel Freiheit, egal ob es um Trainingszeiten oder die Übungen geht. Außerdem hat man schnell den Support von anderen erfahrenen Sportler*innen aus der Community. Gerade als Rollstuhlfahrer muss man immer wieder darauf achten, dass man nicht nur Rollstuhlfahren als Sport macht, sondern muss immer wieder nach Alternativen suchen, die die stark belasteten Schultern, den unteren Rücken und Bauchmuskulatur auf die Sprünge helfen. Klimmzüge bspw. sind super geeignet, um die Gegenspieler der sonst bei Rollstuhlfahren aktiven Muskulatur zu trainieren. Und sie machen in der Gemeinschaft und an der frischen Luft einfach viel mehr Spaß.
WCMX
Eine Sportart, die nicht zuletzt aufgrund ihrer individuellen Gestaltbarkeit einige Parallelen zu Parkour oder Calisthenics aufweist und ebenfalls ein hohes inklusives Potenzial hat, ist WCMX. Die Bezeichnung WCMX steht für Wheelchair Motocross, angelehnt an BMX (Bicycle Motocross, Vgl. https://newmobility.com/meet-wcmx-riders/) .Bei den Angeboten zum Rollstuhl Skaten ist es oft gar nicht das Ziel, dass alle Teilnehmer*innen große, schwierige und zuweilen auch gefährliche Tricks schaffen müssen. Viel mehr wird der Skatepark als eine Art Spielfläche genutzt, auf der man mit seinen Rädern wunderbar lernen kann. Man lernt spielerisch seinen Rollstuhl zu beherrschen und wird gleichzeitig sicherer und selbstbewusster im Alltag. Außerdem bieten die Rollsportarten Skateboarding, BMX, Scooter und Co. eine große Community, in der es nicht immer nur um sportliche Leistung geht. Man kann teilhaben, ohne im Sport besonders talentiert sein zu müssen, kann im Skatepark abhängen, Fotos oder Videos machen, sich anderweitig in der Skatekultur austoben. Und auch das gemeinsame Skaten von fortgeschrittenen Skater*innen und Anfänger*innen funktioniert super und befruchtet sich gegenseitig. Die frische Kreativität der Einen und die Vorbildfunktion der Anderen müssen sich hier nicht im Wege stehen, ganz im Gegenteil, man feiert auch die kleinen Erfolge und spornt sich gegenseitig an.
Bei all den Angeboten muss vor allem ein bisschen gemeinsam darauf geachtet werden, dass die Zugänge barrierefrei sind und das man aus der sitzenden Position auch etwas machen kann. Im Idealfall tauscht man sich mit aktiven Menschen mit Behinderung aus, holt sie frühzeitig mit in die Planung von Anlagen und Angeboten oder lädt sie bewusst ein. Alle Beteiligten müssen und können nur dazu lernen und sollten sich nicht von Berührungsängsten oder der Angst etwas Falsches zu machen bzw. zu sagen davon abhalten lassen, näher zusammen zu rücken. Sport ist ein gute, wenn nicht sogar die beste Möglichkeit inklusive Kontaktmöglichkeiten zu schaffen und so Menschen zusammen zu bringen. Der Bedarf dazu ist riesig und bei sinkenden Zahlen von sportlich aktiven Menschen, gilt es doch umso mehr attraktive Angebote zu schaffen, die möglichst viele Menschen motivieren können.
Natürlich gibt es Herausforderungen auf dem Weg, wie die Schaffung von Barrierefreiheit, nicht nur physischer Art, sondern auch visuell und digital. Aber all diese Dinge kann man am besten gemeinsam angehen. Menschen mit Behinderung sind hier Expert*innen in eigener Sache und können aktiv helfen Angebote für eine größere Zahl von Menschen nutzbar zu machen. Außerdem kann die Lücke geschlossen werden, dass Menschen mit Behinderung oft keine Angebote in der Nähe finden können, schon gar keine vielfältige Auswahl an Bewegungsmöglichkeiten oder mit inklusivem Charakter.
Wichtig ist zum Schluss vor allem eins. Das alles muss auf Augenhöhe sein. Ein inklusives Angebot sollte für Menschen mit Behinderung attraktiv sein und keinen reinen fürsorglichen Charakter haben. Sich vorab über einige Bedürfnisse, Bedingungen und Barrieren klar zu werden hilft hierbei sehr. Sollte es Dinge geben, die nicht umgehend geändert werden können, kommuniziert es. Denn wenn z.B. eine Stufe am Eingang ist, kann das frustrierend sein. Wenn man es aber vorher weiß, dann kann man sich darauf einstellen, Lösungen suchen aber auch selbst entscheiden, ob man unter diesen Voraussetzungen teilhaben kann. Man braucht kein perfektes Angebot, man braucht aber ein Ehrliches.
Über den Co-Autor
David Lebuser ist seit 2008 querschnittgelähmt und hat seine sportliche Heimat beim WCMX, auch Wheelchair oder Rollstuhl Skating, gefunden. Seit 2013 versucht er diesen Sport bekannter zu machen und hat in mehreren Projekten bis heute daran wirken dürfen, dass viele Kinder und Jugendliche im Rollstuhl in die Skateparks gefunden haben.