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Sprossenwand - Magazin im DTB
Hand in Hand | Bildquelle: Fotolia

 

SAFE SPORT IM VEREIN

- wie können wir ein sicheres Umfeld für alle schaffen?

Spätestens seit dem Forschungsprojekt "SicherimSport" (2022)* der größten deutschen Breitensport-Studie zu sexualisierten Grenzverletzungen, Belästigung und Gewalt ist klar: Safe Sport in Vereinen und Sportverbänden sollte für uns alle ein präsentes und wichtiges Thema sein. Der DTB sieht sich dem Schutz von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen in besonderem Maße verpflichtet. Im Mittelpunkt stehen Sensibilisierung und Prävention, damit Gewalt in jeglicher Form vermieden wird. 

Wie kann das konkret in eurem Verein umgesetzt werden? Gemeinsam mit Caroline Sümnick, Vorstandsmitglied der Deutschen Turnerjugend, räumen wir heute Vorurteile auf. 

Als Trainer*in darf man heute doch gar nichts mehr

Viele Trainerinnen und Trainer werden immer mehr verunsichert, was ist noch ok, was motiviert und wo überschreitet man verbal schon eine Grenze. Caroline Sümnick hat eine Antwort: "Leider fühlen sich viele Trainer*innen unter Generalverdacht, der meist nicht gerechtfertigt ist . Alles, was man früher beispielsweise bei Hilfestellungen gemacht hat, ist heute nicht per se falsch. Wichtig ist nur, dass man offen auch schon im frühen Alter mit den Sportler*innen kommuniziert. So einfach es auch klingen mag, aber Kommunikation ist meist der Schlüssel. Wenn bei einer Hilfestellung im Falle eines Sturzes zur eigenen Sicherheit die Sportlerin zum Beispiel am Po berührt werden könnte, dann sollte man das vorab besprechen. Dabei ist wichtig, dass es auch alternative Optionen gibt und vor allem junge Sportler*innen urteilsfrei ihre eigene Grenze ziehen können. Dann ist es an dem Trainer oder der Trainerin einen Alternativweg vorzuschlagen und andere Methoden anzubieten. Oftmals kann es auch helfen zu erklären, warum Dinge getan werden. Also weshalb eine bestimmte Vorübung - die dem ein oder anderen womöglich suspekt erscheinen könnte - für das Endresultat essenziell ist. So wird von Beginn an ein offenes Umfeld geschaffen und Missverständnisse meist vermieden."

Bei uns im Verein passiert sowas nicht

Gut zwei Drittel (69%) der Befragten der "SicherimSport"-Studie gaben an, mindestens einmal negative Erfahrungen in Form von sexualisierten Grenzverletzungen, Belästigungen oder Gewalt im Zusammenhang mit dem Vereinssport gemacht zu haben.*

Oftmals wisse man nicht, wie das eigene Verhalten vom Gegenüber aufgenommen wird. Caroline Sümnick beschreibt: "Das Thema sollte nicht an Relevanz verlieren, nur weil es im eignen Verein noch keinen Präzedenzfall gegeben hat. Am besten lässt man es gar nicht so weit kommen und arbeitet schon von Beginn an präventiv. Das heißt aber nicht, dass man als Verein nun alle Trainer*innen bei den Turnstunden überwachen und kontrollieren sollte, stattdessen ist es wichtig, gemeinsam das ganze Team dafür zu sensibilisieren. Trainer*innen, Sportler*innen und auch Eltern sowie Kinder und Jugendliche sollten sich gemeinsam mit dem Thema auseinandersetzen und die jeweils unterschiedlichen Perspektiven wahrnehmen. Als Verein kann man im Anschluss an eine Trainingsstunde beispielsweise alle zusammenbitten und regelmäßig darüber sprechen. Im DTB haben wir im Rahmen der Kampagne Leistung mit Respekt eine Arbeitsgruppe mit Athlet*innen ins Leben gerufen, um nicht nur über sondern auch mit den aktiven Sportler*innen zu sprechen. Nur gemeinsam können wir für Veränderung sorgen."

BTFB Kinderschutz Sport Konferenz | Bildquelle: Jürgen Engler

Für mich war das eine Grenze, für die anderen war es ok

"Sexualisierte Gewalt, fängt meistens mit psychischer Gewalt an, die normalisiert ist. Man begreift in dem Moment noch nicht, dass hier eine Grenze überschritten wurde, weil das bis zu dem Zeitpunkt "normal" war. Das fängt mit flapsigen Sprüchen an und geht bis zu einem "freundschaftlichen" Klaps auf den Po – was einfach nicht sein muss. Wichtig ist, dass man reflektiert und auch rückblickend sagen kann, dass das für einen selbst nicht in Ordnung war. Natürlich setzt das die Offenheit für Kritik des Gegenübers voraus. Auch hier ist die Kommunikation ein wichtiger Bestandteil für die Klärung von Konflikten", beschreibt Caroline Sümnick.

Als eine Hilfestellung im Umgang mit diesem Thema erarbeitet die Deutsche Turnerjugend momentan eine Checkliste für Übungsleiter*innen und Trainer*innen, die eine Grundlage für die Sensibilisierung im Training geben soll. Zudem wird ein praxisnahes Handbuch für Vereine entwickelt, das als Leitfaden für präventive Arbeit im Verein genutzt werden kann. Zudem sind die Landesturnverbände für Vereine der direkte Kontakt für konkrete Fragen zum Umgang mit dem Thema. Ein tolles Beispiel sei der Berliner Turn- und Freizeitsport-Bund, der im Januar 2023 die 1. Kinderschutz Konferenz abgehalten hat.

Hilfestellung und Ansprechpartner*innen für Vereine

Schutz vor Gewalt ist im organisierten Kinder- und Jugendsportverein seit 2012 fest im Bundeskinderschutz-Gesetz verankert. Dafür gibt es verschiedene Anlaufstellen, die man kontaktieren kann und gleichzeitig Informationen beziehen kann.

Weitere Beratungsstellen:

Hilfeportal sexueller Missbrauch
Bundesweite kostenfreie und anonyme Anlaufstelle für Betroffene von sexualisierter Gewalt
Telefon: 0800 2255530

Hilfetelefon - Gewalt gegen Frauen
Beratung per E-Mail, Chat und Telefon für betroffene Frauen
Telefon: 08000 116016

Nummer gegen Kummer
Hilfe für Kinder und Jugendliche per Telefon und E-Mail
Telefon: 116 111 | E-Mail: info(at)nummergegenkummer.de

Suse hilft
Frauen und Mädchen mit Behinderungen erleben oft Gewalt

Was geht zu weit
Informationen für junge Menschen rund um die Themen Dating, Liebe, Respekt und Grenzüberschreitungen

Weißer Ring
Hilfe für Betroffene bei eingerichteten Beratungsstellen über das Telefon und Online
Telefonnummer: 116 006

Kein Täter werden
Das Präventionsnetzwerk "Kein Täter werden" bietet ein an allen Standorten kostenloses und durch die Schweigepflicht geschütztes Behandlungsangebot für Menschen, die sich sexuell zu Kindern hingezogen fühlen und deshalb therapeutische Hilfe suchen.

Kind zeigt stop | Bildquelle: Fotolia

Schutz vor Gewalt

Das klare Ziel von DTB und der DTJ sowie den Landesturnverbänden ist die Schaffung einer Kultur des Hinsehens und des Handels in der gesamten Turnfamilie. Denn nur so kann eine Sensibilisierung für Gefahren erreicht werden. Der DTB sieht sich dem Schutz von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen in besonderem Maße verpflichtet.

Alle Informationen zu Schutz vor Gewalt finden Sie auf unserer Website "Kinder- und Jugendschutz".