Wandern
Solch eine „aktive, landschaftsorientierte Erholungsform zu Fuß“, wie das die Sportwissenschaftlerinnen und Sportwissenschaftler beschreiben würden, hat nicht bloß das Überwinden einer Wegstrecke von einem Punkt zum anderen als Ziel, sondern zeichnet sich durch ihren Erholungs- und Freizeitwert aus. Das Besondere daran: Im Verein kommt die Geselligkeit dazu! Spazieren und müßiggehen kann man allein, Wandern macht jedoch mehr Spaß in der Gruppe.
Wandern hat Tradition
Besonders gefördert wurde das organisierte Wandern von Gruppen im Verein durch den langjährigen Vorsitzenden der Deutschen Turnerschaft, dem Arzt Dr. Ferdinand Goetz (1826 bis 1915) aus Leipzig. Er setzte sich lautstark für die gemeinsame aktive körperliche Bewegung an der frischen Luft ein. Kein Wunder, wurde er doch von seinen Patientinnen und Patienten auch "Töppchen-Doktor" genannt, weil er bei Hausbesuchen oft einen Blick in die Kochtöpfe warf, um daraus gegebenenfalls Rückschlüsse auf Krankheitsursache und -verlauf ziehen zu können. Zwei Gesundheitsfaktoren hielten von da an in den Turnvereinen Einzug: Bewegung und Ernährung. Die Übungsleitenden in den Turn- und Sportvereinen dankten es ihm mit der Durchführung regelmäßiger Wanderungen. Wenigstens einmal im Jahr – an Christi Himmelfahrt oder zu Pfingsten – machten sich die Vereine zu längeren Wanderungen auf, trafen dabei andere Vereine und erfanden so ihr er“GÖTZ“liches Wandern. Bis heute führen diese "Götz-Wanderungen" viele DTB-Vereine durch, anderenorts entstanden daraus die so genannten Gau-Wandertage oft mit Hunderten von Teilnehmenden. Andere wiederum entwickelten die Idee des organisierten Wanderns weiter: Für sie wurde der jährliche Höhepunkt der von den Vereinen organisierte und durchgeführte „Erlebnistag Wandern“, eine inzwischen bundesweite Aktion, die das Wandern an einem frei wählbaren Tag im Jahr ins Zentrum des Vereinsgeschehens rückt. Seit 1987 propagieren dies der Deutsche Turner-Bund und der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) gemeinsam und fördern damit das Bedürfnis nach „wanderbarer Erholung“.
Wandern im Verein neu entdecken
Noch erreichen Vereine nicht alle Zielgruppen mit dem Wandern. Denn ein Großteil dieser Angebote scheint überwiegend nur noch von Älteren im Verein angenommen zu werden. Andere Altersgruppen lassen sich damit zu wenig motivieren. Das bestätigte auch eine große wissenschaftliche Untersuchung der Universität Marburg, wonach sich eine unübersehbare „Überalterung im organisierten Wandern“ fortsetzen dürfte. Mit großen regionalen Unterschieden scheinen klassisch geführte Wanderungen im negativen Trend zu verharren. Dabei, so die Universität Marburg, gebe es jedoch höchst positive Tendenzen beim individuellen Wandern, dem Wandern im Freundes- und Familienkreis und bei zielgruppenorientierten Angeboten. Und es änderten sich damit auch allmählich die Erwartungen der Interessenten: Im Zeichen wachsender Individualisierung in der Gesellschaft und der Neigung zu genussvollen Tätigkeiten entstand ein „neues Wanderpublikum“ in und außerhalb der Vereine.
Auch die Fortbewegungsweise änderte sich: Aus dem Spazierengehen war „richtiges“ Wandern geworden, im Gebirge anstrengendes Bergwandern gar, über große Strecken das anspruchsvolle Trekking und mit erhöhter Geschwindigkeit das Walking. Mit dem Aufkommen von sportlichen Trends verschoben sich auch die Akzente im Wandern in Richtung Eventorientierung und raschem Wechsel der Formen mit dem Ziel, alte Bewegungsformen zu „entstauben“.