Jetzt lesen:
Sprossenwand - Magazin im DTB

Ein Bewegungstalent bietet den Topstars die Stirn

15.11.2005 09:24

Marcel Nguyen tritt bei der Turn-WM an

Mit dem 18-jährigen Marcel Nguyen hat DTB-Cheftrainer Andreas Hirsch für die Weltmeisterschaften in Melbourne (21. bis 27.11. November) einen „Nobody“ aus dem Hut gezaubert, dessen Name selbst vielen Fachleuten zuvor kein Begriff war. Trotzdem ist der junge Athlet kein unbeschriebenes Blatt im Turnsport und besitzt Begabungen, auf die so mancher etablierter Kollege mit Neid blicken kann.

„Vor allem sein Bewegungstalent ist herausragend“, weiß Richard Hörle, einer seiner Trainer bei seinem Heimatverein TSV Unterhaching. Zusammen mit Kurt Szilier trainierte Hörle den gebürtigen Münchner Nyguen von 1993 bis 2004 und sorgte so für die hervorragenden Grundlagen des Turners. Den Jugendtrainer beeindruckt noch heute, wie gut Nguyen im „Umsetzen von Bewegungselementen“ ist. Und tatsächlich scheint der Gymnasiast, der durch das Eltern-und-Kind-Turnen den Sport entdeckte, eine besondere Bewegungsbegabung zu besitzen. Seinen Tsukahara-Abgang am Barren, einem Super-E-Teil, das nur wenige Turner auf der Welt beherrschen, hat er „mal im Training ausprobiert“ und es sich dann innerhalb von nur einer Woche beigebracht. Seine Übungen turnt der Zwölftklässler vor allem an seinem Lieblingsgerät Barren in dermaßen großer Höhe, dass er selbst bei dem spektakulären Abgang fast immer sicher in den Stand kommt.

Die Nominierung verdaut, die Schule muss warten
Trotz allen Talentes hat Nguyen nicht mit einer WM-Nominierung gerechnet. Im Gegenteil, regelrecht „geschockt“ sei er gewesen, als er bei einem Länderkampf in den USA erfuhr, dass er mit auf den Melbourne-Zug aufspringen würde. Der Turner, der inzwischen im Stuttgarter Sportinternat lebt und trainiert, gibt offen zu, angesichts der kommenden Wochen „etwas in Panik“ geraten zu sein. Wen wundert es? Schließlich hat der Teenager, dessen „Zittergerät“ das Pauschenpferd ist, bis auf ein paar Länderkämpfe und vordere Plätze bei Deutschen Jugendmeisterschaften noch nicht viel vorzuweisen in seiner Turn-Vita. Nun wird er in Melbourne in der Rod Laver Arena vor riesiger Kulisse gegen die besten Turner der Welt antreten und verpasst stattdessen auf der anderen Seite der Erdkugel drei Klausuren in den Abiturfächern.

Aber Marcel Van Minh Phuc Long Nguyen, so der vollständige Name, ist keiner, der vor Respekt erstarrt. Vielmehr findet er es mittlerweile „richtig cool“, bei der WM den Topstars die Stirn bieten zu können und will mehr als nur dabei sein. „Ein Halbfinale wäre Super, ein Finale wäre Wahnsinn“, träumt der Bayer bereits. Dabei hofft er vor allem auf seinen Tsukahara-Abgang, mit der er die Konkurrenz „ein bischen schocken“ will. Der Name Nguyen wäre dann mit Sicherheit nicht nur den Fachleuten ein Begriff.