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Turn-Team Deutschland

EM-Turnerinnen des DTB starten in langem Turn-Anzug

21.04.2021 11:08

Ästhetisch präsentieren - ohne sich unwohl zu fühlen

Sarah Voss bei der EM 2021 am Schwebebalken | Bildquelle: MinkusImages
Sarah Voss bei der EM 2021 am Schwebebalken | Bildquelle: MinkusImages

Der Turnsport ist geprägt von Kraft, Ausdruck und Ästhetik. Das spiegeln nicht nur die Elemente und Posen wider, sondern auch die Bekleidung. Enganliegend und gerade bei den Turnerinnen immer Bein frei. Im Rahmen des Forums Chancengleichheit des Deutschen Turner-Bundes im Mai 2019 wurde eben dieses Thema aufgegriffen und auf Grundlage der Prävention sexualisierter Gewalt im Sport vertieft. Zum Turnsport gehören auch Elemente, in denen die Athletinnen ihre Beine spreizen oder grätschen, was gerade in den kurz geschnittenen Turnanzügen bei Mädchen und Frauen zu einem Gefühl des Unwohlseins führt, darin waren sich die Beteiligten aus der Sportpraxis einig.

Das Tragen der langbeinigen Turnanzüge hat sich bisher noch nicht etabliert

Der Sport und auch das Turnen in seiner Vielfalt sollen Orte sein, an denen sich Athletinnen zu jederzeit in ihrer Bekleidung wohlfühlen sollen. Aus der Historie heraus hat sich bei den Frauen der enge, mal kurz- oder langärmlige Turnanzug vor allem in den drei olympischen Sportarten und drüber hinaus sowohl im Training wie auch im Wettkampf etabliert und das, obwohl der internationale Welt-Turnverband (FIG) und der Deutsche Turner-Bund in ihren Regelwerken das Tragen einer langen, engen, der Turnanzugsfarbe entsprechenden Hose oder auch langbeiniger Gymnastikanzug im Wettkampf erlauben. In den Strukturen des Turnsports von der Spitzensport- bis zur Breitensportebene wird diese Möglichkeit derzeit jedoch kaum gelebt.

Nationalturnerinnen wagen den ersten Schritt

Mit Sarah Voss hat nun im ersten Durchgang der EM-Qualifikation in Basel (CH) am Mittwoch (21.04.2021) eine Turnerin diesen Schritt gewagt und als Nationalturnerin ihre Übungen am Schwebebalken und Sprung erstmals in einem langbeinigen Turnanzug präsentiert. Auch die beiden Olympia-Teilnehmerinnen von London 2012 und Rio 2016, Elisabeth Seitz und Kim Bui, werden im Rahmen der Turn-Europameisterschaften zu einem späteren Zeitpunkt mit dem bisher eher unüblichen Outfit antreten.
"Als Teil der deutschen Turn-Nationalmannschaft sind wir für viele jüngere Sportlerinnen auch ein Vorbild und möchten ihnen damit eine Möglichkeit aufzeigen, wie sie sich auch in einer anderen Bekleidungsform ästhetisch präsentieren können, ohne sich bei bestimmten Elementen unwohl zu fühlen", so Sarah Voss.

Auch Cheftrainerin Ulla Koch unterstützt das Vorhaben: "Mir ist es wichtig, dass die Athletinnen selbstbewusst entscheiden können, in welchem Outfit sie sich wohlfühlen und ihre Übungen präsentieren. Ich hoffe, dass unsere Athletinnen mit diesem Zeichen die jungen Turnerinnen nicht nur im Leistungs-, sondern auch im Breitensport erreichen und ihnen damit diese Möglichkeit der Bekleidung näherbringen. Niemand sollte gezwungen werden, sich in einer Sportart aufgrund der Bekleidung unwohl zu fühlen".

Der Deutsche Turner-Bund sieht diesen Schritt als ersten wichtigen Baustein, um das Wohlbefinden aller Athletinnen in den Turn-Sportarten zu stärken und eine offene Kultur im Hinblick auf das Tragen von Wettkampfbekleidung zu schaffen.