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Verband

Stellungnahme zu einem Zentrum für Safe Sport

06.04.2022 11:53

Bedarfsgerecht aufstellen und Expertise im Sport stärken

Foto: Picture Alliance
Foto: Picture Alliance

Der DTB bekennt sich klar zu einem gewaltfreien, respektvollen Sport. Neben der Implementierung eines Präventions- und Interventionskonzeptes hat der DTB den gesamtverbandlichen Kultur- und Strukturprozess „Leistung mit Respekt“ angestoßen. Die Prüfung einer unabhängigen Struktur als notwendige Ergänzung zum Schutz vor Gewalt im Sport wurde bereits im Januar 2021 in der Stellungnahme des DTB-Präsidiums [PDF] zur Untersuchung von Vorfällen an einem Bundesstützpunkt angeregt. Im Rahmen des zweiten DTB-Forums zum Thema „Leistung mit Respekt“ am Samstag (02.04.2022) wurde dieser Standpunkt nochmals unterstrichen.

Zentrum für Safe Sport bedarfsgerecht aufstellen
Wie durch den DTB angeregt und durch Athleten Deutschland in einem Impulspapier gefordert, so belegt die von Prof. Dr. Martin Nolte vorgelegte Machbarkeitsstudie im Auftrag des BMI die Notwendigkeit eines unabhängigen Zentrums für Safe Sport. Diese Analyse ist eine hilfreiche Grundlage für den anstehenden, wichtigen Dialogprozess mit den Stakeholdern des organisierten Sports. Aus Sicht des DTB sollte nun die Diskussion im Vordergrund stehen, wie ein Zentrum für Safe Sport ausgestaltet werden kann und nicht die Frage der grundsätzlichen Notwendigkeit. Diese wurde durch die Machbarkeitsstudie eindeutig dargestellt. Aufgrund der Spezifika der Gewaltformen und der Häufigkeit des Auftretens (siehe weitere Analysen der Safe Sport Studie) ist es unbedingt notwendig, dass das Zentrum für Safe Sport hinreichend ausgestattet ist und nicht aufgrund zu geringer Ressourcen ausschließlich sexualisierter Gewalt begegnet. Aus Sicht des DTB kann der Schutz vor Gewalt nur gelingen, wenn eine tatsächliche Auseinandersetzung im Verband stattfindet und möglichst viele Menschen ihre eigene Rolle und ihr Handeln reflektieren, beispielsweise im Rahmen eines Kultur- Strukturprozesses.

Als zweitgrößter Spitzenverband in Deutschland mit 22 Mitgliedsverbänden und rund 18.000 Vereinen bewertet der DTB ebenso positiv, dass das skizzierte Zentrum für Safe Sport nicht nur den Leistungs- sondern auch den Breitensport unterstützen soll, da es sich um eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung handelt. Zudem begrüßt der DTB die von Prof. Nolte beschriebenen Aufgabenfelder eines unabhängigen Zentrums für Safe Sport; Prävention, Intervention und Aufarbeitung. Das Hauptaugenmerk der Einrichtung sollte dabei aus Sicht des DTB auf der Intervention liegen. Die Prävention sollte auch weiterhin primär in den Verbänden und Vereinen stattfinden.

Vor dem Hintergrund der Aufgabenfelder und der Zuständigkeiten des Zentrums für Safe Sport wirkt die Finanzierung allerdings in keiner Weise ausreichend. Auf welcher Basis die Kalkulation der Machbarkeitsstudie durchgeführt wurde, wird aus der Studie nicht deutlich. Gerade vor dem Hintergrund der verwendeten Ressourcen zum Schutz vor Gewalt im DTB, besteht große Skepsis, wie handlungsfähig ein Zentrum für Safe Sport mit den beschriebenen Mitteln wäre.

Expertise im Sport stärken
Die Entwicklung von Präventions- und Interventionskonzepten wurde weiter gestärkt, indem diese für Spitzenverbände förderrelevant wurden. Allerdings führt die Aufstellung eines Präventions- und Interventionskonzepts nicht zwingend zu einer „Kultur des Hinsehens“. Möglichst viele Menschen innerhalb des Systems „Sport“ müssten zur Reflexion der eigenen Rolle und zum Handeln angeregt werden, um Gewalt im Sport zu verhindern. Zugleich gilt es zu identifizieren, welche Rahmenbedingungen Missbrauch und Gewalt im Sport begünstigen. Um dies zu erreichen, muss der Gewaltprävention eine hohe Priorität beigemessen und finanzielle Ressourcen zur Durchführung eines innerverbandlichen Prozesses aufgebracht werden.

So hat der DTB zu Beginn des vergangenen Jahres eine Workshopreihe für Mitarbeiter*innen und Funktionär*innen des Verbandes als Start in den gesamtverbandlichen Kultur- und Strukturprozess „Leistung mit Respekt“ durchgeführt. Durch den innerverbandlichen Prozess wird im DTB eine sportspezifische Expertise zur Prävention, Intervention und Aufarbeitung von Gewalt entwickelt. Diese Bemühungen für einen gewaltfreien, respektvollen Leistungssport gilt es weiter zu fördern und zu stärken. Spitzenverbände benötigen die Bereitschaft zur innerverbandlichen Auseinandersetzung, jedoch auch finanzielle Ressourcen, um die Präventionsarbeit umfassend und im Sinne eines Kultur- und Strukturwandels nachhaltig gestalten zu können.