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Sprossenwand - Magazin im DTB

DTBInterview mit Steffen Eislöffel

19.05.2008 14:59

Bei der Trampolin-EM im dänischen Odense stellte der MTV Bad Kreuznach mit vier Athleten das größte Kontingent bei den Senioren. Im Vorfeld zeigten Gromowski, Simon und Baumgärtner gute Leistungen. Für Olympiasiegerin Dogonadze war die EM nach einer dreimonatigen Verletzungspause der erste Wettkampf. Im DTBInterview betrachtet MTV-Trainer Steffen Eislöffel noch einmal die EM-Leistungen seiner Schützlinge.

Vier Athleten eines Vereins für die EM zu stellen - wie fühlen Sie sich da als Vereinstrainer?
Steffen Eislöffel: Für den MTV Bad Kreuznach war es eine große Sache, das größte Athleten-Kontingent stellen zu können. Dies war sehr, sehr positiv und schön. In unserem Verein kommt starker Nachwuchs nach, das lässt uns für die Zukunft hoffen.

Wie sind Sie mit dem Abschneiden Ihrer Turnerinnen zufrieden?
Steffen Eislöffel: Das Abschneiden der vier MTV-Turner muss differenziert betrachtet werden. Jessica konnte ihren Aufwärtstrend bestätigen. Der 11. Platz im Einzel ist ein Riesen-Ding für sie. Schon im Vorfeld der EM habe ich ihr gesagt, dass diese Ergebnislisten um die ganze Welt gehen. Sie hat sich hervorragend verkauft und ich hoffe, sie kann an ihre Leistung aus Odense bei den nächsten Weltcups anknüpfen.

Carinas Abschneiden war für den ersten großen Einsatz unseres Kükens sehr ordentlich. Wir haben im Training bereits die Übungen analysiert und sie hat ihre Fehler erkannt. Carina ist im Training nicht immer einfach. Wenn Sie konstantere Wettkampfübungen zeigten würde, könnte sie sich in diesem Jahr noch deutlich steigern. Aufgrund ihrer Wettkampfleistung bei der EM, wurde sie für die kommenden drei Weltcups nominiert. Ein deutliches positives Zeichen der Bundestrainer, dass sie zu ihr stehen und zugleich die Aufforderung ihre Trainingseffektivität zu steigern.

Für Anna ist die EM dumm verlaufen. Sie war nicht fit, nach zwei überstandenen Bandscheibenvorfällen, reichte das Training nicht aus. Sie hat aber in der Vergangenheit oft genug bewiesen was sie kann. Für das Team war es ärgerlich, dass man das Finale nicht erreichen konnte. Das wäre auch für mich ein toller Erfolg gewesen, da dann drei MTV-Mädels für den DTB im Finale gestanden hätten. Aber Anna ist nach der Pflicht schlichtweg die Puste ausgegangen.

Wie verlief die EM für den MTV-Starter Martin Gromowski?
Steffen Eislöffel: Unser Sorgenkind Martin Gromowski konnte leider nicht seine Wettkampfstabilität aus dem vergangenen Jahr zeigen. Er hatte sich recht souverän für die EM qualifiziert und ist guter Dinge nach Dänemark gefahren. Mit Karsten Kuritz lag er nach der Qualifikation im Synchronwettbewerb auf Platz eins. Leider sind Martin im Finale alle Lichter ausgegangen und er flog bei vier von sechs Übungen raus. Da gibt es zurzeit keine erklärbaren Gründe. Martin ist ein sehr eleganter Turner und zeigt im Training unschlagbare Sachen. Wir haben uns, meiner Meinung nach, optimal vorbereitet und alles was die Sportpsychologie bietet ausgenutzt.

Wie geht es jetzt mit Martin Gromowski weiter?
Steffen Eislöffel: Er hatte sich nach der EM erst mal eine kleine Auszeit genommen. Im August beginnt Martin seine "Duale Karriere", eine zweijährige Ausbildung bei der Polizei in Bad Kreuznach. Sein Hauptziel ist die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2012 in London, das Potenzial dafür hat er.

Bei den Frauen ist im Verein und im Turn-Team die Konkurrenz groß. Wie gehen die Frauen damit um?
Steffen Eislöffel: Das Konkurrenzverhalten liegt in der Natur der Dinge. Jessica hat im Training schon angedeutet, dass es schön wäre, Anna etwas Druck zu machen. Für sie ist das ein zusätzlicher Motivationsaspekt für die kommenden Weltcups. Für mich als Trainer ist es schön im Verein aus dem Vollen schöpfen zu können.

Mit seiner bei den Europameisterschaften gezeigten Leistung hat sich Henrik Stehlik das Ticket für die Olympischen Spiele gesichert. Wie und wann entscheidet sich welche Turnerin mitdarf?
Steffen Eislöffel: Qualifiziert ist sie bereits. Aufgrund ihrer langen Verletzungspause soll sie sich in den nächsten Wochen einer Formüberprüfung unterziehen. Dies wird entweder bei einem Wettkampf oder in einem Training passieren. Der DTB-Sportdirektor und der Bundestrainer Michael Kuhn entscheiden dann, ob Anna fit genug für Peking ist. Wenn dies der Fall ist, dann sollte sie nach meiner Einschätzung mit zu den Spielen fahren dürfen. Sie hat sich bereits zum dritten Mal in Folge für die Weltspiele qualifiziert, was eine sagenhafte Leistung ist. Ich selbst habe da keine Zweifel.

Vorausgesetzt Anna erhält die Chance ihren Olympiatitel von 2004 zu verteidigen, wie sieht die Vorbereitung bis Peking aus (Training und Wettkämpfe)?
Steffen Eislöffel: Die Vorbereitung für die Olympischen Spiele läuft bereits. Bis zum 16. August 2008, dem Tag der Qualifikation in Peking, ist jeder Tag durchgeplant: Training, Arzttermine, Krafttraining, Massage, Physiotherapie, Freizeit und natürlich auch Zeit für ihre 13-jährige Tochter Mariam. Wir werden noch in Trainingslagern nach Ruit und Frankreich fahren. Zudem wird Bundescoach Kuhn nach Bad Kreuznach kommen, um die Vorbereitung mitzumachen. Schon vor vier Jahren, vor den Spielen in Athen, gab es eine gemeinsame Trainingsphase mit Henrik Stehlik und seiner Trainerin. Dies möchten wir auch dieses Mal so machen.

Anna bewältigt neben ihrem Training noch den Spagat zwischen einer Ausbildung zur Bürokauffrau und als Mutter einer Tochter. Beeinflusst dies das Training bzw. die Vorbereitung?
Steffen Eislöffel: Anna ist im Moment glücklicherweise von der Berufsschule und ihrer Ausbildung befreit. Ansonsten bekommt Anna den Spagat sehr gut hin. Für die Olympia-Vorbereitung ist jedoch wichtig, dass sie genug Zeit für das Training und die restlichen Verpflichtungen hat. Die Sommerferien wird ihre Tochter Mariam in Georgien verbringen, das verschafft Anna den nötigen Freiraum - auch, um mal abschalten zu können.

Welche Erwartungen stellen Sie an Anna bezüglich der Olympischen Spiele?
Steffen Eislöffel: Für mich ist es erst mal wichtig, dass Anna nach Peking fährt. In der Qualifikation sollte sie dann eine solide Leistung zeigen, damit sie als Fünfte oder Sechste ins Finale einziehen kann. Im Finale heißt es dann, einfach angreifen – alles ist möglich.

Welche Erwartungen hat Anna an sich selbst? Besteht Druck von außen auf sie, von Seiten der Medien und Sponsoren?
Steffen Eislöffel: Anna hat sich selbst gegenüber den höchsten Anspruch. Mit ihren drei Olympia-Qualifikationen bereits bewiesen, dass sie eine druckstabile Turnerin ist. Anna hat jedes Mal „die“ Chance genutzt.

Natürlich gibt es seit ihrem Olympiatitel von Athen häufig TV-Anfragen und Interview-Termine. Wir haben kein Problem damit, so lange es nicht den Zeitrahmen sprengt. Die Anfragen laufen alle über mich, somit versuche ich Anna den Rücken frei zu halten. Wir möchten alles mitnehmen, die Olympischen Spiele sind für die Sportart auch ein Ausnahmezustand, aber auch notwendig.

Danke für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg.