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Sprossenwand - Magazin im DTB

 

Verein(t) gerettet

Wenn es alleine nicht mehr geht

Steigende Anforderungen, marode Infrastruktur – oder Mitgliederschwund, verbunden mit nachlassendem ehrenamtlichen Engagement und fehlenden Sportler*innen. Es gibt viele Gründe, weshalb sich Sportvereine zusammenschließen und gemeinsame Ziele verfolgen. Dies kann auf unterschiedlichen Wegen geschehen – beispielsweise im Rahmen von Kooperationen und Spielgemeinschaften. Möglich sind auch Fusionen, für die aber eine längere Vorlaufzeit nötig ist, weil viele Dinge beachtet werden müssen.

Wir zeigen Ihnen in diesem Ratgeber, welche Möglichkeiten es gibt bzw. welche Voraussetzungen für eine Vereinsfusion notwendig sind.

 

Korfball | Bildquelle: Turnfestfotos

Kooperationen

Häufig entstehen Kooperationen aufgrund steigender Komplexität im organisierten Sport. Weil neue Herausforderungen für einzelne Vereine zu schwierig und umfangreich sind, werden Kräfte gebündelt, um Synergieeffekte erzielen zu können. Kooperationen können dem Informations- und Erfahrungsaustausch dienen, etwa die gegenseitige Unterstützung in vereins- und steuerrechtlichen Themen zum Ziel haben. Oft werden sie anlassbezogen vereinbart, beispielsweise um größere Aktivitäten und Veranstaltungen erfolgreich durchführen zu können. Doch es gibt freilich auch viele Kooperationen, die dauerhaft oder über längere Zeiträume laufen.

Generell gilt: Kooperationen können schnell und unbürokratisch vereinbart werden. Ein aktuelles Beispiel sind die unterstützenden Maßnahmen für Geflüchtete aus der Ukraine. Vereine schließen sich zusammen und kooperieren zusätzlich mit Kommunen oder Fitnesseinrichtungen, um spezielle Sportangebote ermöglichen zu können.


Spielgemeinschaften

Die Spielgemeinschaft ist ein beliebtes Modell. Besonders im Handball und Fußball schließen sich zwei oder noch mehr Vereine aus der näheren Umgebung zusammen, wenn sie alleine nicht genügend Spieler*innen zusammenbekommen. Die Stammvereine einer Spielgemeinschaft existieren weiterhin und bieten in anderen Sparten unabhängig voneinander eigene Sportangebote an. Zu beachten ist, dass die beteiligten Vereine als Gesellschafter im Schuldenfall haften. Auch deshalb ist ein schriftlicher Vertrag empfehlenswert, in dem Rechte und Pflichten geregelt sind.

Sehr wichtig zu wissen: Eine GbR ist keine gemeinnützige Gesellschaft. Deshalb können hier beschriebene Spielgemeinschaften bestimmte Steuervergünstigungen (z. B. Ehrenamts- und Übungsleiterpauschale) nicht in Anspruch nehmen.


Von der Spielgemeinschaft zur Vereinsfusion

Viele Ehrenamtliche sind durch die vergangenen zwei Jahre ausgelaugt und frustriert, Neulinge sind nur schwer zur Mitarbeit zu motivieren, Vorstandsteams leiden unter Überalterung. Hinzu kommen grundsätzliche Veränderungen wie der demografische Wandel, damit verbundene Rückgänge bei den Mitgliedern und die besonderen Unterschiede zwischen ländlichem Raum und den Ballungsgebieten. Kommen mehrere der genannten Faktoren zum Tragen, kann es für einen Verein durchaus existenzbedrohend werden und es stellt sich die Frage, wie der Verein auch künftig weiterhin bestehen kann. Letzte Möglichkeit vor der Auflösung eines Vereins scheint dann die Fusion mit einem anderen Verein zu sein.

Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) gibt es keine ausdrückliche bzw. eigenständige Regelung für den Zusammenschluss oder die Fusion von Vereinen. Gleichwohl kann mit Hilfe der vermögensrechtlichen Bestimmungen des BGB ein Zusammenschluss von Vereinen erfolgen. Eine zweite Möglichkeit, die aber nur eingetragenen Vereinen offen steht, bietet das Umwandlungsgesetz. Damit ist eine Verschmelzung (durch Aufnahme oder Neugründung) als besondere Form des Zusammenschlusses eingetragener Vereine möglich.

Mögliche Fusionen

Fusion durch Aufnahme

Verein A tritt Verein B bei, sein Vermögen wird komplett übertragen – das ist im organisierten Sport die gängigste Fusionsform, die mit der Löschung aus dem Vereinsregister abgeschlossen wird. Es handelt sich dabei um die sogenannte vereinsrechtliche Lösung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), die auch als "Fusion light" bezeichnet wird. Sie eignet sich für kleinere Vereine mit maximal 500 Mitgliedern. Da ein großer Anteil an Mitgliedern vom Beitritt überzeugt werden muss, was in der Regel bei größeren Vereinen schwerer zu handhaben ist. Erforderlich ist eine Mehrheit von mindestens 75 Prozent, sofern die Vereinssatzung keine andere Regelung beinhaltet.

Problematisch ist diese Fusionsform auch für Vereine mit großem Immobilienvermögen. Denn: Mit einem Beitritt wird Grunderwerbsteuer fällig,deshalb empfiehlt es sich, dass jener Verein aufgenommen wird, der weniger Grundstücke besitzt. Der Vorgang ist allerdings relativ aufwendig, da das Vermögen und alle Rechtsbeziehungen wie z. B. Pachtverträge – anders als im Rahmen einer Verschmelzung  – einzeln übertragen werden müssen.

Fusion durch Neubildung

Wenn zwei Vereine ihr Vermögen auf einen dritten, neu gegründeten Verein übertragen, spricht man von einer Fusion durch Neubildung. Vorsicht ist geboten, wenn beide Vereine größere Immobilien besitzen. Um böse Überraschungen zu vermeiden, sollte deshalb frühzeitig der Vermögensbestand ermittelt werden. Durchlaufen muss das Aufnahmeverfahren des Landessportbund, ehe der neue Verein mit eigenem Namen in das Vereinsregister aufgenommen werden kann. Anschließend lösen sich beide Vereine auf, alle Mitglieder treten im Idealfall Verein C bei.

Eine automatische Überführung gibt es aber nicht. Denn: Jedes Mitglied ist grundsätzlich frei in seiner Entscheidung, ob es Mitglied bleiben will. Deshalb muss der neue Verein entweder jedes Mitglied einzeln aufnehmen oder eine spezielle Übernahmeregelung in der Satzung verankern. Wichtig: Mitglieder müssen die Chance haben, dieses Verfahren abzulehnen.

Fusion durch Verschmelzung

Die Verschmelzung von Organisationen unterliegt dem Umwandlungsgesetz (UmwG). Eine mögliche Variante ist, dass zwei Vereine einen neuen Verein gründen, auf den sie verschmelzen, aber als Einzelorganisationen trotzdem bestehen bleiben. Ihr Vermögen wird auf Basis der sogenannten Gesamtrechtsnachfolge komplett übertragen, der Mitgliederbestand wird automatisch überführt.

Doch schnell abgeschlossen ist eine Verschmelzung nicht: Sie ist ein langwieriger und teurer Vorgang, bei dem viele formale und steuerliche Aspekte zu beachten sind. Zudem kann auch bei dieser Fusionsform hohe Grunderwerbssteuer fällig werden, wenn beide Vereine großes Immobilienvermögen einbringen. Ein entsprechender Beschluss bedarf in der Regel der Zustimmung von mindestens 75 Prozent der in der entscheidenden Mitgliederversammlung anwesenden Mitglieder. Unterstützung eines Rechtsanwalts ist aufgrund der Komplexität ratsam, das Hinzuziehen eines Notars verpflichtend. Diese Variante ist aufgrund des hohen Komplexitätsgrad in der Regel nur für große Organisationen sinnvoll. Bei einer erfolgreichen Verschmelzung steht am Ende ein Ergebnis aus einem Guss, aber bis dahin ist es ein sehr langer Weg.

Darüber hinaus stellen sich im Vorfeld einige weitere Fragen

Fragezeichen | Bildquelle: DTB
  • Verfolgen die fusionswilligen Vereine die selben oder ähnliche Ziele?
  • Haben die Hauptverantwortlichen eine gute Vertrauensbasis?
  • Passen die Sportangebote des anderen Vereins zur eigenen Mitgliederstruktur?
  • Können Doppelstrukturen zum Problem werden? Sind die Beitragsstrukturen kompatibel?
  • Welche Vermögen und Verbindlichkeiten würden Vereine einbringen?
  • Und vor allem: Was würde das für einen neu gegründeten Verein bedeuten?

Chancen und Risiken sollten akribisch gegeneinander abgewogen werden, damit eine angedachte Fusion nicht krachend scheitert. 


Hürden bei der Vereinsfusion

Eine Fusion von Vereinen ist eine komplexe und oft langwierige Sache. Zu klären sind viele rechtliche Dinge, weshalb eine einfache Satzungsänderung nicht ausreicht.

Und: Mitglieder müssen überzeugt werden, was ein schwieriges wie wichtiges Unterfangen ist. Denn ohne ihren Zuspruch kann eine Fusion nicht gelingen.

Taschenrechner und Liste | Bildquelle: Pixabay

Insbesondere die Finanzsituation der beteiligten Vereine ist von Bedeutung. Besitzen beide Vereine beispielsweise eigene Sportanlagen oder Vereinsheime, dann wird mit der Fusion auch Grunderwerbsteuer fällig. Auch eventuelle Verbindlichkeiten und vertragliche Pflichten der beteiligten Vereine spielen eine wichtige Rolle.

Bunte Menschenmenge | Bildquelle: Pixabay

Häufig treffen auch unterschiedliche Erwartungen an die Vereine aufeinander. Während für einige das Sportangebot und die Ausstattung der Sportanlagen eher im Vordergrund stehen, können sich viele (ältere) Mitglieder oft nur schwer mit notwendigen Veränderungen oder gar dem Ende „ihres“ Vereins anfreunden.

Sanduhr | Bildquelle: Pixabay

Die Fusion von Vereinen ist keine Sache, die in kurzer Zeit abgewickelt werden kann. Sie setzt einen langfristigen Planungs- und Diskussionsprozess voraus, in den die Mitglieder intensiv eingebunden werden müssen. Vorab definiert werden sollten die strategische Zielsetzung der Fusion, z. B. in Form eines Thesenpapiers.

Mitglieder müssen mitgenommen werden, damit eine Fusion erfolgreich verlaufen kann

Die Mitglieder müssen von Anfang an einbezogen werden. Nicht nur deshalb, weil sie bei den gängigen Fusionsformen (durch Aufnahme und Neubildung) nicht automatisch als Mitglieder erhalten bleiben. Den Mitgliedern - gerade traditionsreicher Vereine - wird die Auflösung des eigenen Vereins nicht leicht fallen. Für sie werden wirtschaftliche Überlegungen oft nur eine nachrangige Rolle spielen. Denn in den meisten Fällen nimmt ein Verein den anderen auf und dessen Name erlischt. Eine Konsequenz, die viele Traditionalisten und Altmitglieder scheuen. Deshalb sei es im Vorfeld einer Fusion sehr wichtig, nicht nur die rationale Ebene zu berücksichtigen, den Schritt logisch und transparent zu begründen. Die emotionale Ebene spielt eine entscheidende Rolle und sollte in allen Phasen mitgedacht werden, damit die Mitglieder die Auflösung ihres Vereins besser verkraften und eine Bindung zum neuen Verein aufbauen können.


Neue Formen der Kooperation entwickeln

Eine Fusion ist aber nicht die einzige Lösung. Im Sportbetrieb der Mannschaftssportarten sind Spielgemeinschaften inzwischen auch im Erwachsenenbereich ebenso Normalität wie seit Langem bei den Kindern und Jugendlichen. Inwiefern neue Wege der Kooperation gegangen werden müssen, wird die Zukunft zeigen. Denkbar wären "Verwaltungsgemeinschaften", die sich die administrativen Aufgaben teilen, oder "Breitensportgemeinschaften", bei denen sich Vereine beispielsweise die Kosten für Übungsleitende teilen. Ob solche neuen Formen der Kooperation tatsächlich zielführend sind und eine Zukunftsalternative darstellen, lässt sich aktuell allerdings nur schwer verlässlich beantworten. Ganz gleich aber, welche Wege Vereine beschreiten wollen, ohne Engagement, Offenheit, Kreativität und die Bereitschaft zusammenzuarbeiten, winkt kein Erfolg.


Handschlag | Bildquelle: Pixabay

Quelle: „Sport in Hessen“ (Nr.10/ 21. Mai. 2022)
Herausgeber: Landessportbund Hessen e.V. (lsbh); Otto-Fleck Schneise 4, 60528 Frankfurt