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Sprossenwand - Magazin im DTB

Gerätturnen weiblich

Medaillenglanz und unvergessliche Momente für deutsche Turnerinnen

26.06.2023 10:58

Kompletter Medaillensatz für Luisa Egersdörfer und Bronze für Annabelle Tschech-Löffler bei Special Olympics World Games Berlin 2023

Annabelle Tschech-Löffler und Luisa Egersdörfer bei den Special Olympics World Games Berlin 2023 | Bildquelle: DTB
Annabelle Tschech-Löffler und Luisa Egersdörfer bei den Special Olympics World Games Berlin 2023 | Bildquelle: DTB

Für die beiden deutschen Turnerinnen lief es bei den Special Olympics World Games Berlin 2023 richtig gut. Die jüngste Athletin im 413 Aktive umfassenden im #TeamSOD, Annabelle Tschech-Löffler aus Borna in Sachsen, holte im Level 1 Bronze am Stufenbarren und Luisa Egersdörfer aus Bayern gelang im höchsten Level 4 großartiges: Sie gewann Gold am Stufenbarren, Silber am Sprung und Bronze am Schwebebalken, wurde Vierte im Mehrkampf und am Boden. Beide haben Geschichte geschrieben: Erstmals nahmen deutsche Turnerinnen bei Weltspielen an den Turn-Wettbewerben teil. Am Start waren über 100 Teilnehmer*innen, die in verschiedenen Leistungslevels ihr Bestes gaben. 

"Ich bin so glücklich! Ich freue mich, dass ich hier bei den Weltspielen dabei war", sagt Annabelle Tschech-Löffler frohgelaunt nach der Siegerehrung. "Nie hätte ich gedacht, dass ich auch eine Bronzemedaille gewinne." Außer dem 3. Platz für ihre Übung am Stufenbarren erreichte die 13-Jährige noch einmal Platz 4 und dreimal Platz 5.
Tschech-Löffler, Deutschlands jüngste Teilnehmerin an den Weltspielen, turnt seit 4 Jahren beim SV Einheit Borna. Trainiert hat sie für die Weltspiele einmal wöchentlich, aber je näher das Event rückte, auch zweimal. Es gab Vorbereitungslehrgänge, um die Übungen zu festigen. Große Unterstützung beim Training bekam sie vom Olympiastützpunkt Chemnitz. 
"Wir hatten gar keine Vorstellung, wie groß das hier alles ist. Es ist schon sehr wie Olympische Spiele. Die einzigartige Atmosphäre, diese Ausmaße und die vielen Nationen – das haben wir so gar nicht erwartet", sagt ihr Vater, der auch ihr Trainer ist. "Ich hoffe, dass sich unsere Teilnahme hier auf mehr Inklusion im Sport auswirkt. Zumindest das bisherige Feedback ist vielversprechend. Man tauscht z.B. Adressen aus mit anderen Trainern. Im Nachgang der World Games wollen wir mit den Athletinnen in die Vereine gehen und Gespräche führen, wie man zusammenarbeiten kann."

Luisa Egersdörfer war nach der Siegerehrung überwältigt von ihren Emotionen. Ihre Mutter und zugleich auch Trainerin, Sandra Gref: "Luisa ist eine tolle Turnerin und sie erntet jetzt den Lohn für das, was sie in den letzten 17 Jahren gemacht hat: fleißig trainiert, kein Training versäumt – das ist jetzt die Krönung ihrer turnerischen Laufbahn!" Luisa Egersdörfer  trainiert seit 17 Jahren beim SV Fortuna Regensburg, dreimal in der Woche. Die neuen Übungen für die Weltspiele wurden etwa ein Jahr lang erarbeitet. Die Atmosphäre in Berlin, die Fairness unter den Athletinnen, Kampfrichterinnen aber auch den Trainerteams findet sie einzigartig. "Die Begeisterungsfähigkeit ist beispielhaft. Jeder wird gefeiert, weil jeder sein Bestes gibt", sagt Gref. 

Pioniersituation für Turnerinnen

Gref, die auch Head Coach der kleinen deutschen Turn-Delegation ist, hofft, dass sich mit dem ersten Start von deutschen Turnerinnen bei Special Olympics World Games mehr Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen zum Sport motivieren: "Ich bin mir der Pioniersituation bewusst und dass beide Turnerinnen quasi 'Zugpferde' für Deutschland sind." Der Sport für Menschen mit Beeinträchtigungen sollte jetzt großen Zulauf bekommen und mehr Leute sollten sich dafür interessieren: "Turnen findet in den Sportvereinen statt und nicht in den Werkstätten. Wir sollten schauen, dass wir die Athletinnen und Athleten in die Sportvereine bringen."

In diese Richtung blickt auch Tom Hauthal, Delegationsleiter vom #TeamSOD, im Hauptamt Sportdirektor von Special Olympics Deutschland: "Die Wettbewerbe, der Sportstätte und die Bedingungen, die wir den Athletinnen und Athleten in beiden Sportarten hier geboten haben - das hat alles gut funktioniert, auch durch die Zusammenarbeit mit den Fachverbänden schon in der Vorbereitung. Hinzu kam wie an allen Sportstätten die unglaubliche Begeisterung, das Miteinander und die Freude am Sport, das waren für alle Beteiligten unvergessliche Momente. Und natürlich sind wir als deutsche Delegation sehr, sehr zufrieden mit den Ergebnissen der Turnerinnen und Gymnastinnen! Jetzt muss es uns gemeinsam mit dem DTB, mit dem wir ja schon seit einigen Jahren kooperieren, darum gehen, die schon aktiven Athletinnen und Athleten mit Behinderung in beiden Sportarten zu finden, weitere zu interessieren und gemeinsam mehr Trainingsmöglichkeiten in Vereinen zu schaffen und auch weitere Wettbewerbe zu ermöglichen."

Internationale Gym-Show zum Abschluss

Turnerin Luisa und Gymnastin Melanie Scharff, ebenfalls aus Bayern, hatten auch die Ehre, in der internationalen Gym-Show zum Abschluss der RSG- und Turn-Wettkämpfe der Weltspiele, am Sonntag 25.06.2023, noch einmal aufzutreten und eine ihrer Wettkampfübungen zu präsentieren; Melanie mit dem Band, Luisa am Schwebebalken – jeweils begleitet vom begeisterten Beifall der Zuschauenden, unter denen auch Timothy Shriver, der Präsident von Special Olympics International (SOI) war. Moderiert wurde die Show von Olympiaturnerin Kim Bui und mit dabei waren auch drei Showgruppen des Berliner Turn- und Freizeitsport-Bundes Alle gemeinsam tanzten dann ihren Flashmob zum fröhlichen Abschluss ihrer Wettbewerbe. 

Turnerische Expertise vor Ort

Kim Bui, die die Turn-Wettbewerbe und die Gym-Show im CityCube moderiert hat: "Als ich vom Organisationskomitee für die Weltspiele angefragt wurde, habe ich sofort zugesagt! Die Stimmung hier ist unglaublich, das konnte ich mir so nicht vorstellen. Zur Vorbereitung habe ich mir Videos angeschaut. Es ist hier so ein unglaubliche Atmosphäre, so eine tolle Stimmung. Da ist so viel Freude pur dabei. Ein Miteinander, was ich vorher noch nie so erlebt habe. Es macht riesigen Spaß, hier mit dabei zu sein und zu moderieren. Es ist einfach toll, dass auch zwei Turnerinnen aus Deutschland bei den Wettbewerben mitmachen. Das ist etwas ganz Besonderes."

Wolfgang Willam, als Experte Mitglied der "Working Group" für die Sportarten Turnen und RSG, zu Luisa Egersdörfer bei den Turn-Wettbewerben: "Toll, ich bin begeistert! Wie sagt man bei der Nationalmannschaft immer: Stabilität ist alles. Erstmal durchturnen und das hat sie super gemacht." Und weiter: "Hier beim Turnen war ein großes Spektrum an sportlichen Leistungen zu sehen. Es ist gut, dass diese Weltorganisation praktisch allen die Möglichkeit gibt, hier teilzunehmen. Die Klassifizierungen vor den Finals sind wunderbar, so haben auch alle Freude, sich untereinander zu messen."